Feuer, Liebe, Kraft und Blut
„Heiße“ Farbe Rot im Mittelpunkt der Jahresausstellung
des BBK
Goethe nennt sie die ,,höchste aller Farberscheinungen“; denn die ,,Wirkung dieser Farbe ist so einzig wie ihre Natur“. Vom Rot ist die Rede, das Generalthema der diesjährigen Jahresausstellung des Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK) Bergisch Land e.V. Die ausgewählten Arbeiten von 24 Künstlerinnen und Künstlern werden im Ausstellungs- und Atelierhaus des BBK in Beyenburg an der Beyenburger Freiheit gezeigt.
Das Rot ist eine ,,heiße“ Farbe, und der Umgang
mit ihr erfordert Fingerspitzengefühl und Behutsamkeit. Edith Weber spricht
in ihrem Geleitwort von Feuer, Liebe, Kraft und Blut; man kann wohl sagen:
Rot ist ein ganz großes Symbol des Lebens, sowohl nach der Plus- als
auch nach der Minusseite hin. Die ausgestellten Arbeiten reflektieren das
rote Spektrum in seiner ganzen Breite.
Ein schönes
Beispiel dafür ist Brigitte Breiter-Putschs „Ohne Titel“,
das die sinnliche Wirkung des Rot um ein blau angedeutetes Zentrum kreisen
läßt und so die starke Wirkung des Roten in immer neuen Variationen
aufleben läßt – ohne das Werk zu benennen. Hier kommt es
auf Sicht, nicht auf Gedanken an. Der Spielraum des Denkens ist in der Kunst
an Formen gebunden; denn Gedanken können sich im leeren Raum nicht halten,
brauchen also die Form, den Begriff. So lädt ein Bild wie die roten ,,Sequenzen“
von Werner Liebkies, in denen sich das Rot in Form wirft, bis hin zum Christenkreuz,
zum Nachdenken ein. Doch wirkt die Stärke des Bildes, beruhend auf viermaliger
Wiederholung (Sequenz) eines geradezu musikalischen Motivs in Rot, auf einen
kraftvoll geäußerten Zentralgedanken hin, der nur schwer zu fassen
ist und dem nachdenklichen Betrachter wahrscheinlich Stoff zur Betrachtung
für Jahrzehnte gibt.
Von der Idee im Bild,
die rein Figürliches transzendiert, kündet auch Arno Windgassens
,,Ohne Titel“ Bild. Eine Form des Kreuzes ist unschwer zu erkennen,
dem christlichen Altarbild nachgeordnet. Dann fällt der Blick auf eine
zerbrochene Maske. Ist das Dogma des personalen Gottes zerbrochen worden?
Mit buddhistischen Augen müßte man sehen, um den roten Buddha Amitabha,
Prinzip des grenzenlosen Lichts, jenseits des Kreuzes zu erkennen. Die Ausstellung
erschöpft sich damit nicht, so wenig wie die rote Farbe sich aus dem
Quellpunkt des Lebens wegdenken läßt (Beyenburger Freiheit bis
15. Dez.). Thomas Illmaier
Bild: 24 Künstlerinnen und Künstler sind in der Jahresschau des BBK vertreten.
Westdeutsche Zeitung/Generalanzeiger, 28.11.1991, S. 17.