In die Nähe des Vergessens gerückt
Barbara Held-Weidner präsentiert ,,Schriftzeichen“
,,Meine Arbeiten möchten leise sein.“ Es klingt
fast wie eine Entschuldigung für den von Barbara HeId-Weidner gewollten
Bedeutungsschwund in ihren Bildern. Denn: ,,Information“, so die Künstlerin,
,,gibt es bereits gut und viel.“ Barbara Held-Weidner bietet Schriftzeichen,
die keiner lesen kann. Hebräische Schriftzeichen, die auch vom Kenner
nur annähernd gedeutet werden können.
Schrift ohne Bedeutung:
Was gibt das? Hebräische Schriftzeichen, nun ja, uns Deutsche mahnen
sie an die Schuld, die wir den Juden gegenüber tragen. Aber sie sind
nicht Bedeutungsträger an sich, so daß wir zwar gemahnt, aber nicht
wirklich erinnert werden. In jewisser Weise geht der Schuß sogar nach
hinten los; denn Schrift ohne Bedeutung entläßt uns gerade aus
der Erinnerung, die verblaßt – so vergessen wird. Es bleibt ein
Memento mori (Gedenke des Todes), das sich auch an die von Barbara Held-Weidner
gewählten Materialien knüpft. Rostige Nägel, Asche, bröckelnder
Zement... Ohne den wunderbaren hohen Raum in der Begegnungsstätte Alte
Synagoge, wo sie ihre ,,Schriftzeichen“ derzeit präsentiert, geriete
der Bedeutungsschwund zur Tabula rasa, doch durch das Raumambiente gewinnen
die Werke ,,in ihrer ruhigen Statuarik“ (Jürgen Döring) dazu.
Thomas Illmaier
Barbara Held-Weidner ,,Schriftzeichen“ – Begegnungsstätte Alte Synagoge, Genügsamkeitstraße, Wuppertal-Elberfeld bis zum 22. Oktober, Di bis Fr und So: l4 bis 17 Uhr. Werkstattgespräch mit der Künstlerin am Mittwoch, 11. Oktober, 20 Uhr.
DER WEG, 41/1995, S. 7.