Ein gutes Bild lebt und entfaltet sich
Cäsar W. Radetzky in der Galerie Epikur

Wuppertal. Vor Jahren stellte Cäsar W. Radetzky seine Bilder in der Synagoge Wittlich aus. Die jüdische Kultusgemeinde war auf den Künstler aufmerksam geworden, nachdem sein Bild vom jüdischen Friedhof bekannt geworden war.
Seitdem sind fünfzehn Jahre vergangen. Aber die religiösen Themen sind geblieben. Nur ist der Künstler in seiner Bildsprache reifer, wuchtiger, eindringlicher geworden. ,,Die Trommeln des Paradieses“ zum Beispiel. Da feiert die Fülle des Lebens Auferstehung. Und wie es scheint, blieb der Neid nicht aus. Dieses Bild, ein Meisterwerk des Spätexpressionisten Cäsar W. Radetzky, wurde, nachdem Katalog und Einladung bereits gedruckt waren, vorm privaten Leihgeber zurückgezogen.
Ein so kostbares Werk der Öffentlichkeit zeigen?
Bis zu einem gewissen Grad kann man verstehen, daß man das, was einem am Herzen liegt, ungern auf Reisen schickt. Stattdessen, und irgendwie folgerichtig, präsentiert Cäsar W. Radetzky sein Bild ,,Stunde der Sünde“.
Da steht man nun und fragt sich, was der Titel im Werk erschließen will. Die Verborgenheit der Sünde, ruinierendes Idiom, man sieht die Sünde im Bild grassieren. Schwund und Ruin, verworfene Gesellschaft erhebt ihr Haupt. Wozu dann noch Kunst? Ja, wozu dann noch Schöpfung? Auch die Sünde hat – im Licht des Ewigen gesehen – ihren Sinn. Das gerade offenbart der Künstler, der auf subtile Weise mit der Schöpfung, dem Schöpfer verbunden ist. Prima vista, auf den ersten Blick, sollte man darum nicht urteilen. Ein gutes Bild lebt – entfaltet sich langsam vor den Augen des Betrachters. Ein gutes Bild lebt ein ganzes Leben – mit dem Betrachter.
Die lichtdurchfluteten Räume der Gründerzeitvilla, die neueröffnete Galerie Epikur, in der Friedrich-Engels-Allee 155 geben den rund dreißig Bildern von Cäsar W. Radetzky einen sehr würdigen Rahmen, in dem sich jedes Bild, auch einzeln, entfalten kann.

Geöffnet ist die Ausstellung noch bis 10. April. Öffnungszeiten: Di. bis Fr. 15 bis 18.30 Uhr; Samstag 11 bis 15 Uhr.
Thomas Illmaier

DER WEG, 14/1994.


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