Die
Künstlerin Iris E. Rompf
Aquarell auf Seide
Seidenmalerei ist nicht das richtige Wort: Iris E. Rompf
aquarelliert auf Seide. Diese selten ausgeübte Kunst hat sie bis auf
den Weg zur Meisterschaft geführt. Irgendwann genügte ihr das reine
Aquarellieren auf Papier nicht mehr. Seit 1989 probiert sie die Technik auf
Seide.
In unserer abendländischen Tradition ist das Aquarell auf Seide selten.
Viel öfter finden wir es bei den alten Chinesen, die bereits Seide benutzten,
als es noch gar kein Papier gab.
Das Aquarell auf
Seide erfordert hohe Meisterschaft im Umgang mit der Farbe und ein äußerst
feinsinniges Gespür für die eigenartige Beschaffenheit des Stoffes.
Denn Seide verleiht den Farben ein Eigenleben. Der Farbauftrag muß von
Anfang an richtig dosiert werden, weil er sofort verläuft; daran kann
nur wenig geändert werden. Da die Farbe von sich aus in der Seide, die
sie aufsaugt, verläuft, kommt es auf den Künstler an, den richtigen
Zeitpunkt zu treffen, an dem das Material der ,,Nachhilfe“ des Künstlers
bedarf, der nur die Richtung angibt. Den Weg bahnt sich die Farbe dann im
Stoff allein. Diese Wechselwirkung oder Interaktion zwischen Künstlerin
und ihrem weichen Material im Akt des Aquarellierens selbst nimmt Frau Rompf
ganz gefangen und bezaubert sie. Ihre Landschaften, die wie gehaucht, von
einem inneren Licht erleuchtet, in der Seide matt erglänzen, sind äußerst
feinsinnige Impressionen eines befreiten menschlichen Gefühls.
Iris E. Rompfs Naturlandschaften
scheinen Ausdruck ,,reiner“ Gefühle zu sein, lyrisch hingegeben
an einen Stoff, der die Menschen seit zwei Jahrtausenden fasziniert. Ein reines
Gefühl, wie in Mondlicht getaucht, ist für Iris E. Rompf auch stets
der Ausdruck eines befreiten Gefühls. Das überträgt sich auf
den Betrachter, der nicht weiß, in welchen zum Teil schwierigen Lebenssituationen
die Aquarelle entstanden sind – ähnlich wie die Musik Mozarts,
die uns ganz und gar vergessen läßt, daß sie von einem oft
verzweifelten Schöpfer komponiert wurde. Die Kunst befreit. Die Werke
von Iris E. Rompf geben Zeugnis davon.
Diese Aquarelle sind nie für Geld gemalt worden. Es sind keine Auftragswerke,
sondern im Lebensfreiraum der Künstlerin entstanden. Als studierte Textildesignerin
und Schülerin von Rudolf Schoofs hat sie sich beruflich nie betätigt.
Man könnte sagen, sie hat für ihre Kunst studiert und ist damit
noch lange nicht am Ende. Meisterschaft ja, aber die muß immer neu erworben
werden.
Eine große
Ausstellung der Aquarelle auf Seide von Iris E. Rompf veranstaltete die Commerzbank
in Barmen Ende 1991. Die Besucher waren sehr angetan. Aber erst nach der Ausstellung
setzte der Run auf ihre Bilder ein. Zu viel Public Relations mag die Künstlerin
nicht. Die Aquarelle auf Seide lieben die Ruhe. Weder die Künstlerin
noch ihre Stimmungen sollen gestört sein. Dann drückt sich das Aquarell
auf Seide am reinsten aus.
THOMAS ILLMAIER
Bilder: Foto der Künstlerin und eines Ihrer Werke auf Seide.
Bergische Blätter, 22/1992, S. 22.