Wuppertal. Neben anderen ist es vor allem
die Telefonseelsorge, die psychisch Verletzten erste Hilfe und Beistand leistet.
In Wuppertal, das ,,ein frommes Pflaster“ sei, so Telefonseelsorger
Pfarrer Wamser, gibt es eine ökumenische Telefonseelsorge, die von den
evangelischen Kirchengemeinden Barmen und Elberfeld sowie vom katholischen
Stadtdekanat getragen wird. Mit mehr als hundert ehrenamtlichen Mitarbeitern
ist sie wahrscheinlich der größte ,,psychologische Stab“,
den die Stadt in psychischen Notfällen aufzubieten hat. Allerdings kümmert
sich die Stadt wenig um die Aufgaben der Telefonseelsorge, obwohl die psychohygienische
Versorgung der Bevölkerung insgesamt doch eindeutig in das Ressort von
Kommunen, Ländern und des Bundes fällt.
Gegenüber 1982
ist die Zahl der Anrufer pro Jahr – die Mitarbeiter der Telefonseelsorge
arbeiten rund um die Uhr – um ein Vielfaches gestiegen. Während
es 1982 nur 7500 Anrufe waren, ist die Zahl auf 12000 im Jahr 1991 gestiegen.
Das sind rund dreißig Telefonate pro Tag. Vor allem Ehe und Partnerschaft,
Krankheit und Behinderung, Einsamkeit, Sexualität und Sucht sind die
Themen, die Betroffene mit dem Seelsorger besprechen möchten.
Für diesen Dialog am Telefon werden Mitarbeiter ein ganzes Jahr lang
geschult, bevor sie selbst beratend am Telefon tätig werden können.
Verstehen und Beraten sind Trumpf, es soll nicht geurteilt werden. Eher ist
der barmherzige Samariter das Vorbild des christlichen Seelsorgers am Telefon:
Er fragt nicht nach Herkunft und Glaubenszugehörigkeit. Sein Ziel: Hilfe
zur Selbsthilfe; die Aufforderung: ,,Steh auf und geh!“
Telefonseelsorge
ist anonym. Nicht einmal Namen werden genannt. Anonymität aber zeigt
sich, hat auch ihre Fallstricke: Die Telefonseelsorge selbst läuft nämlich
Gefahr, in die Anonymität abgedrängt zu werden und als eine Art
,,Mauerblümchen“ ein Schattendasein am Rande der Gesellschaft zu
führen. Zwar ein Teil kirchlicher Sozialarbeit, aber eben doch schnell
vergessen oder verkannt. Zudem sind die Erfolge der Telefonseelsorge schwer
nachweisbar. Sie spielt sich ja in einem ,,echolosen Raum“ ab: Wenn
der Hörer auf die Gabel fällt, ist das Gespräch beendet.
Die ,,Politische
Runde“ unter der Leitung von Otto Roche an der Volkshochschule Wuppertal
(VHS) wird nach mehreren Veranstaltungen in einzelnen Wuppertaler Kirchengemeinden
nun eine der Adressen sein, die das Anliegen der Telefonseelsorge einmal mehr
öffentlich ins Gespräch bringt. Hier wird Pfarrer Manfred Wamser
am 26. Oktober, 19.45 Uhr, zum Thema ,,Fakten und Probleme der Telefonseelsorge
am Beispiel Wuppertals“ referieren. Die ,,Politische Runde“ trifft
sich im Forum der VHS, Auer Schulstraße 20.
Thomas Illmaier/red
DER WEG, 41/1992