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Svetlana Zunder
L i b e l l e n f l u g

Gerhard Pautz
Begleitende Lyrik „Der Wind“ (Auszüge)
Zur Ausstellung Libellenflug, Bilder von Svetlana Zunder.


Gerhard Pautz.
Foto: Svetlana Zunder

Wind

Wind bläst Worte fort
strafft der Argo Segel
Spielt sein großes Haschen
mit unseren Aschen
wir: der Welle Krone im Traum
der Windgeburten weißer Schaum
selbst der Gedanken höchste
Türme werden ein Raub der Stürme
doch durch der Wiesen buntes
Blumenhaar wiegt Wind
den Tagtraum wunderbar
was wir wurden werden und
immer sind- das frag den huuii
das frag den Wind der mit goldenen
Horden aus den Steppen über Mauern
sprang der aus Wäldern trieb
was in Wäldern sang
der in Felsen Domen die große Orgel
Spielt und mit Äols Harfen
auf zarteste Gemüter zielt
der gegen das Erstarrte uns Sturm
und Drang gebar ..... und nie vergessen
seiner Bewegung Fingerspiel
im langen Jünglingshaar
Wind bläst Worte Orte- strafft der Argo
Segel.


Gewebeproben vergangener Tage

Im Sommer unter Apelbäumen,
Steht mein Labor.
Der Kopf beschattet, die Köder Mnemes
Ausgelegt.
Im weichen Flaum wächst Schläfrigkeit,
zu öffnen das verschlossene Tor
der Zeit.
Die scharfe Klinge schneidet
sich stumpf am Gallert,
zerfasert sich zur Schwalbenfeder,
die finde ich am Backsteinschuppen
unterhalb der Nägel, an denen
die geschlachteten Karnickel hängen.
Der Tag hat eine fette Schwarte
und brack gefallen sein Gewässer,
süßsauer im vergorenem:
die quappenfette Luft.
Er lockt mir als Gewölle
ein Würgen hoch,
die Wehen kommen,
der Kürbis bläht im Dung und etwas
hält den Grundton summender Insekten,
Grasmücken schnarchen hoch, dahinter
eine Böe öffnet Pappelrausch.
Vom Küchenfenster legt sich ein weicher
schwerer Mutterblick auf meine Schultern,
das Wachsen tut jetzt weh und Schmerz
auch der herausgerissene Gewebefetzen
hinterlässt.
Sisyphus & Danaiden: - Intarsienarbeit
meiner selbst;
sinnlosen Kampf zum höchsten Sinn
entwickelt.


Wissen, Glauben und Vermuten

Die helle einstmals klare Quelle:
schmutziges trübes Wasser
unübersichtlich breit
im Delta meiner oder unseren Zeit
schon hin geflossen dem Ozean entgegen.

Das Alte einstmals junge
im Morgenrot verhallte
das kakophonische Gebrüll
milliardenfach "Ich will"
die lange lange Reise
der Welt in mir, in uns.

Das Nahen jener dunklen Stunde
noch macht sie Angst -
doch hinter ihr vermute ich
die helle einstmals klare Quelle
sich aus der eigenen Wunde bluten
es wissen glauben und vermuten.

Gerhard Pautz